Amputationsarten
Die unterschiedlichen Amputationshöhen haben grundlegende Auswirkungen auf die Rehabilitation und die anschließende prothetische Versorgung. Die Amputationsarten werden nach ihrer Höhe wie folgt unterteilt:
Obere Extremität
Amputation im Schulterbereich
Hier werden die Schultergürtelamputation und die Schulterexartikulation unterschieden. Bei einer Schultergürtelamputation wird nicht nur der gesamte Arm, sondern auch Teile des Schultergürtels amputiert. Wenn der Schultergürtel erhalten bleibt und die Amputation im Schultergelenk erfolgt, spricht man von einer Schulterexartikulation.
Bei solch hohen Amputationen ist mit weitreichenden funktionellen Einschränkungen zu rechnen. Je höher eine Amputation ist, desto komplexer ist die Situation – und desto komplexer wird auch die spätere Versorgung mit einer Prothese.
Oberarmamputation
Bei einer Amputation im Oberarmbereich, auch transhumerale Amputation genannt, wird der Oberarmknochen durchtrennt. Hierbei unterscheidet man in kurze, mittellange und lange Oberarmamputationshöhen. Die verschiedenen Amputationshöhen haben Vor- und Nachteile hinsichtlich der Funktionalität mit und ohne Prothese.
Ellenbogenexartikulation
Als Ellenbogenexartikulation bezeichnet man eine Amputation im Ellenbogengelenk. Der Oberarm bleibt dabei meist vollständig erhalten. Da die Beweglichkeit des Ellenbogens verloren geht, wird mit prothetischen Komponenten versucht, diesen Verlust so gut es geht auszugleichen. Allerdings ist das nicht vollständig möglich. Bei einer derartigen Versorgung kann es zu einer Überlänge im Oberarm im Vergleich zur erhaltenen Seite kommen.
Unterarmamputation
Amputationen im Bereich des Unterarms (transradiale Amputationen) werden in lange, mittellange, kurze und ultrakurze Unterarmamputationen unterschieden. Auch hier gibt es Vor- und Nachteile hinsichtlich der Funktionalität mit und ohne Prothese. Bei einem erhaltenen Ellenbogengelenk bleiben die Auswärts- und Einwärtsdrehung des Unterarms (Pro- und Supination) erhalten.
Handgelenksexartikulation
Bei einer Handgelenksexartikulation wird die komplette Hand im Bereich des Handgelenks entfernt. Dadurch geht die Möglichkeit verloren, das Handgelenk zu bewegen. Bei einer prothetischen Versorgung kann es auch hier zu einer Überlänge im Vergleich zur erhaltenen Seite kommen. Dies gilt es, zu beachten, um Funktionseinschränkungen zu vermeiden und beispielsweise weiterhin die Gabel zum Mund führen zu können.
Hand-/Fingeramputation (Teilhandamputation)
Teilhandamputationen sind alle Amputationen distal (vom Herzen entfernt liegend) des Handgelenks. Dabei werden Teile der Hand und/oder Finger amputiert. Im Vergleich zur Handgelenksexartikulation bleibt das Handgelenk erhalten – und somit in der Regel auch dessen Funktion. Bei verbliebenen Fingern oder Teilfingern wird in Kombination mit einer Prothese eine Greiffunktion ermöglicht.
Untere Extremität
Amputation im Hüft- und Beckenbereich
Bei einer Hüftexartikulation wird das Bein im Hüftgelenk entfernt. Wird das Bein mit der zugehörigen Beckenhälfte entfernt, spricht man von einer Hemipelvektomie und von einer Hemikorporektomie, wenn die gesamte untere Körperhälfte mit Beinen, Beckenknochen und Organen aus der Beckenhöhle amputiert wird. Jede Form der Amputation im Hüft- und Beckenbereich bedeutet eine erhebliche Einschränkung der funktionellen Leistungsfähigkeit. In der Regel ist es aber mit einer Hüftexartikulationsprothese und an Unterarmgehstützen möglich, kürzere Wegstrecken zurückzulegen.
Oberschenkelamputation
Eine Oberschenkelamputation wird oberhalb des Kniegelenks durchgeführt. Sie kann auf der gesamten Länge des Oberschenkels erfolgen. Heute ist auch bei kürzeren Stümpfen eine gute prothetische Versorgung mit einem Schaft möglich, der das Sitzbein umfasst (sitzbeinumfassender Schaft). Hierdurch kann eine gute Mobilität erzielt werden.
Kniegelenksexartikulation
Bei einer Knieexartikulation wird das Bein durch die Amputation im Kniegelenk entfernt. Durch das Entfernen des gesamten Unterschenkels fehlt somit das anatomische Kniegelenk. Der Oberschenkel bleibt jedoch – meist mit Kniescheibe – erhalten. So entsteht ein meist vollbelastbares Stumpfende, das prothetisch gut zu versorgen ist.
Unterschenkelamputation
Eine Unterschenkelamputation wird unterhalb des Kniegelenks durchgeführt, wobei manchmal auch das Wadenbein komplett mit entfernt wird. Hierbei bleibt die Funktion des Kniegelenkes voll erhalten. Dies ermöglicht meist eine gute prothetische Versorgung mit einer Unterschenkelprothese.
Die komplexen Bewegungen, die Geschicklichkeit sowie die Sensibilität und Funktionsfähigkeit der menschlichen Extremitäten können derzeit noch nicht vollständig durch den Einsatz einer Prothese nachgebildet werden.
Unabhängig von der zugrunde liegenden Diagnose ist das Ziel der chirurgischen Amputation eine stabile und funktionelle Extremität, wobei schmerzhafte Folgeerscheinungen minimiert werden sollen. Die Chirurg:innen versuchen in der Regel, einen möglichst langen Stumpf zu erhalten. Handelt es sich um einen planbaren Eingriff, und wird die Versorgung mit einer Prothese angestrebt, kann es hilfreich sein, eine:n erfahrene:n Orthopädietechniker:in in die Entscheidungsfindung einzubeziehen. Für eine optimale Gestaltung der Gliedmaßenlänge, der umgebenden Weichteildeckung und damit des funktionellen Ergebnisses ist es wichtig, dass Chirurg:innen mit den technischen Spezifikationen und Anforderungen der aktuellen Prothesentechnologie vertraut sind.