Was ist ein Schmerzgedächtnis?
Einfach erklärt ist ein Schmerzgedächtnis ein Lernprozess – andauernde, sich wiederholende oder unzureichend behandelte Rückenschmerzen können Spuren im Zentralnervensystem hinterlassen. Die Funktion und die Struktur der Nervenzellen verändern sich. Es entsteht ein Lerneffekt, der die Übertragung von Schmerzinformationen verstärkt. Der Schmerz brennt sich quasi als Erinnerung in das Gedächtnis der Nervenzellen ein. Die Schmerzwahrnehmung wird sensibler und intensiver. Es kann sogar passieren, dass Schmerzen auch ohne den ursprünglichen Auslöser empfunden werden.
Bei andauernden Schmerzimpulsen besteht die Gefahr, dass sich ein Schmerzgedächtnis bildet. Um die Entstehung eines Schmerzgedächtnisses zu vermeiden, sollten Rückenschmerzen frühzeitig behandelt werden.
Kann man ein Schmerzgedächtnis löschen?
Ein Schmerzgedächtnis lässt sich nicht einfach selbst löschen. Schmerzmittel helfen beispielsweise nicht, das Schmerzgedächtnis zu löschen oder die Erinnerungen zu „überschreiben“. Zur Beeinflussung von Schmerzreizen gibt es den Therapieansatz der „Gegenirritation“. Gegenirritation bedeutet, die Wahrnehmung eines Schmerzreizes durch das Auslösen eines Gegenreizes zu blockieren, damit das Nervensystem lernt, wieder normal mit Schmerzreizen umzugehen. Dies wird beispielsweise durch elektrische Nervenstimulation, Wärme- oder Kälteanwendung oder Akupunktur erzielt.
Ein Schmerzgedächtnis kann sowohl Ursache als auch Folge von chronischen Schmerzen sein.
Wenn Rückenschmerzen chronisch werden
„Das wird schon wieder weggehen. Ich habe jetzt keine Zeit dafür. Es schmerzt nur bei Belastung. Im Alter ist es normal, dass etwas schmerzt.“ Dauerhafte Rückenschmerzen sollte man nicht verharmlosen. Denn Schmerzen sind Warnsignale dafür, dass im Körper etwas nicht in Ordnung ist. Je eher man etwas dagegen tut, desto besser sind die Chancen auf Schmerzlinderung und auf Vermeidung eines Schmerzgedächtnisses durch chronischen Schmerz.
Was ist der Unterschied zwischen akuten und chronischen Schmerzen?
Wer sich gestoßen, geschnitten oder verbrannt hat, spürt einen akuten Schmerz, der nach einiger Zeit wieder verschwindet. Anhaltende oder wiederkehrende Schmerzen über einen Zeitraum von 3 bis 6 Monate gelten als chronische Schmerzen.
Der Übergang von einem akuten in einen dauerhaften Schmerzzustand bezeichnet man in der Medizin als Chronifizierung. Die Funktion von Schmerz als Warnsignal geht dabei verloren.
Langanhaltende Schmerzen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen, insbesondere, wenn die Ursache unklar ist. So ist zum Beispiel bei unspezifischen Kreuzschmerzen oft das Problem, dass es keine genau erkennbare Ursache wie zum Beispiel bei einem Bandscheibenvorfall gibt. Auslöser von chronischen unspezifischen Rückenschmerzen sind oft Bewegungsmangel, Muskelverspannungen, Fehlbelastungen, zu viel Sitzen, schwere körperliche Arbeit oder auch Stress.
In welchen Körperbereichen gibt es besonders häufig chronische Schmerzen?
Körperbereiche, die besonders beansprucht sind, sind auch diejenigen, die besonders häufig von chronischen Schmerzen betroffen sind. Dazu gehören die Lendenwirbelsäule, die Schultern und der Nackenbereich – diese sind vor allem durch zu viel Sitzen belastet. Auch chronische Schmerzen an den Kniegelenken sind besonders häufig, nicht zuletzt, weil auf den Kniegelenken das gesamte Körpergewicht lastet.
Wie kommt es zu chronischen Schmerzen?
Das Ignorieren und Nicht-Behandeln von Schmerzen kann eine Ursache der Chronifizierung sein. Oft kann die Ursache aber auch nicht einfach behoben werden. Wer beruflich bedingt häufig knien oder stehen muss, kann dies nicht einfach ändern. Wer allerdings viel sitzt, kann etwas tun und sollte die Sitzposition so oft wie möglich ändern oder regelmäßig aufstehen.
Was sind die Risiken bei chronischen Rückenschmerzen?
- Durch chronische Rückenschmerzen kann ein Lerneffekt ausgelöst werden und ein Schmerzgedächtnis entstehen.
- Es kommt zur Vermeidung von bestimmten Bewegungen, um dem Schmerz aus dem Weg zu gehen. Schonhaltungen können zu weiteren Beschwerden wie Fehlstellungen und Muskelverspannungen führen.
- Die dauerhafte Einnahme von Schmerzmitteln kann zu Abhängigkeit sowie zu Folgeerkrankungen aufgrund von Nebenwirkungen führen.
- Das Ignorieren von Schmerzen kann den Zustand verschlimmern. Schmerzen, die nicht adäquat behandelt werden, können also zu gravierenderen Problemen führen. Deshalb ist es wichtig, von Anfang an etwas gegen die Rückenschmerzen zu unternehmen.
- Wer trotz Behandlung keine Lösung findet, wird durch ständige Arztbesuche und Therapieversuche auch psychisch belastet und frustriert sein. Man beschäftigt sich ständig mit den Beschwerden, was das private, soziale und berufliche Leben blockiert. Man sollte nicht akzeptieren, dass es keine Aussicht auf Besserung gibt.
Was tun bei chronischen Schmerzen?
Werden chronische Schmerzen nicht behandelt, kann es zur Verschlimmerung kommen. Daher sollte die Ursache gefunden und behoben werden. Zur Diagnostik gehört nicht nur die körperliche Untersuchung, sondern auch die Analyse der persönlichen Situation, um eventuell eine Ursache im sozialen, psychischen oder beruflichen Umfeld zu finden.
Woraus besteht die Therapie zur Behandlung chronischen Schmerzen?
Bei chronischen Schmerzen wird ein multimodaler Ansatz verfolgt. Multimodal bedeutet eine Mischung aus verschiedenen Fachbereichen und Therapiemethoden. Eine ganzheitliche und auf langfristige Schmerzlinderung ausgerichtete Rückenschmerztherapie sollte aus einer Kombination aus verschiedenen Therapieelementen bestehen. Dazu gehören zum Beispiel Physiotherapie, spezielle Bewegungsübungen, Ergotherapie, physikalische Behandlungen (Massagen, Stoßwellentherapie etc.), Entspannungstherapien und Akupunktur.
Was ist eine Schmerztherapie?
Es gibt Ärztinnen und Ärzte verschiedener Fachrichtungen, die sich auf die Behandlung von Schmerzen spezialisiert haben. Im Fokus stehen die ganzheitliche Betrachtung und ein entsprechendes breitgefächertes Spektrum an Behandlungsmöglichkeiten. Wenn Schmerzen trotz Behandlung nicht reduziert werden können und schlimmer werden und das Leben mehr und mehr einschränken, ist die Konsultation von Schmerztherapeutinnen und -therapeuten sinnvoll.
„Bei wiederkehrenden Rückenschmerzen oder chronischen Beschwerden kann eine Orthese auch eine wichtige Rolle in der Prävention spielen“, erklärt Jana Rogoschin, Össur Expertin für Biomechanik.
„In diesen Fällen wird sie nicht ständig, sondern bei bestimmten Aktivitäten oder Belastungen verwendet, etwa beim Heben schwerer Lasten, bei langem Sitzen oder bei körperlich anstrengenden Tätigkeiten. So unterstützt die Orthese den Rücken gezielt in belastenden Momenten und hilft, erneuten Beschwerden vorzubeugen. Gleichzeitig ist es von großer Bedeutung, durch regelmäßige Bewegung, gezielte Übungen und eine aktive Lebensweise die Muskulatur zu stärken und den Rücken langfristig zu stabilisieren. So kann die Orthese gezielt eingesetzt werden, ohne dauerhaft auf sie angewiesen zu sein.“
Bandagen und Orthesen können die Therapie unterstützen
Eine Rückenbandage oder Rückenorthese kann helfen, chronische Beschwerden zu lindern. Das Gurt-ähnliche Hilfsmittel umschließt die Lendenwirbelsäule, um diese zu entlasten, zu stabilisieren und zu unterstützen. Orthopädische Hilfsmittel sind Teil der ganzheitlichen Therapie und können zum Beispiel die Physiotherapie unterstützen.