Nervenregeneration nach Schlaganfall


Was passiert mit den Nerven bei einem Schlaganfall?

Bei einem Schlaganfall wird durch einen Gefäßverschluss (ischämischer Schlaganfall) oder durch eine Blutung (hämorrhagischer Schlaganfall) das Gehirngewebe nicht oder zu wenig durchblutet, sodass die Sauerstoffzufuhr ins Gehirn unterbrochen wird. Ohne Sauerstoffversorgung sterben die Nervenzellen innerhalb weniger Stunden ab.

Durch das Absterben von Teilen des Nervensystems nach einem Schlaganfall kommt es zu neurologischen Defiziten, d.h. die Störung des Nervensystems verursacht körperliche und/oder kognitiven Funktionsausfälle. Dazu gehören u.a. Sprach- und Sprechstörungen, Bewegungsstörungen, Lähmungen, Spastiken und Sehstörungen. Das Ausmaß der Beeinträchtigungen ist unterschiedlich und es kann zu langwierige Regenerationsphasen bis hin zu dauerhaften Einschränkungen kommen. Ausschlaggebend für die Regeneration ist unter anderem die Fähigkeit des Gehirns, verloren gegangene Fähigkeiten zu kompensieren oder wieder zu erlernen.

In der betroffenen Gehirnregion wachsen nach einem Schlaganfall keine Nervenzellen nach. Doch die gute Nachricht ist, dass das Gehirn trotz der unwiederbringlich geschädigten Nerven nach einem Schlaganfall regenerationsfähig ist. Somit können verloren gegangene Fähigkeiten, wie das Gehen oder das Sprechen, trainiert und wieder erlernt werden. Beispielsweise können durch Physiotherapie und Ergotherapie die nicht betroffenen Hirnareale dahingehend trainiert werden, Funktionen teilweise zu übernehmen. Deshalb ist es so entscheidend, dass unmittelbar nach einem Schlaganfall mit der Rehabilitation begonnen wird.

Nervenregeneration nach Schlaganfall – geht das?

Das Gehirn kann sich dynamisch an veränderte Situationen anpassen. Deshalb sind wir auch ein Leben lang fähig, zu lernen. Dies nennt man „Neuroplastizität“.

Bei einem Schlaganfall bedeutet dies, dass die Nervenzellen neue Verknüpfungen (synaptische Plastizität) bilden, um den Verlust der Nervenzellen im betroffenen Gehirnbereich auszugleichen. Die Nervenzellen organisieren sich quasi neu, um Funktionen zu kompensieren. Dabei greifen Wiedererlernen und Kompensation ineinander.

Durch konzentriertes, stufenweises und konsequentes Training in der Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie wird die Neuroplastizität gefördert und das Gehirn stimuliert.

Wie gut dies funktioniert, hängt vom Ausmaß der Schädigung und dem Verlauf der Rehabilitation ab. Die Fähigkeit zur Neustrukturierung des Gehirns nimmt mit zunehmendem Alter ab.

Nervenschmerzen nach Schlaganfall

Neben den typischen körperlichen und kognitiven Folgen können Betroffene nach einem Schlaganfall auch an Nervenschmerzen leiden. Es kann zu akuten und chronischen Kopfschmerzen, Rückenschmerzen und Schulter-Arm-Schmerzen kommen. Darüber hinaus gehören zu den Folgen auch spastische Schmerzen oder Gelenkschmerzen.

Zentrale Neuropathie

Eine besondere Art der Nervenschmerzen nach einem Schlaganfall ist der sogenannte zentrale Schmerz. Etwa sechs bis acht Prozent der Betroffenen entwickeln nach dem Schlaganfall zentrale neuropathischen Schmerzen durch Schädigung des zentralen Nervensystems. Diese werden in der Medizin als Central Post-Stroke Pain (CPSP) bezeichnet. Die Schmerzen treten auf der gegenüberliegenden Körperhälfte des Schlaganfalls auf. Zu unterscheiden ist die zentrale Neuropathie von der peripheren Neuropathie, die durch Nervenschädigungen verursacht wird. Behandelt werden die Schmerzen durch Medikamente, Physiotherapie und psychologische Therapiemaßnahmen. 

Wie wirkt sich ein Schlaganfall auf den Sehnerv aus?

Ein Schlaganfall kann den Sehnerv betreffen, sodass es zu Sehstörungen oder zu einer Gesichtsfeldeinschränkung kommen kann. Neuromuskuläre Schädigungen bedeuten nicht, dass die Augen defekt sind.

Sehstörung durch neuromuskulären Kontrollverlust

Wenn der Schlaganfall die Kontrolle über die Augenmuskeln beeinträchtigt, beeinflusst dies die Sehkraft. Ein typisches Symptom ist die Doppelsichtigkeit.

Gesichtsfeldeinschränkung durch mangelnde Verarbeitungsfähigkeit

Wenn das Gehirn visuelle Signale nicht verarbeiten kann, spricht man von einem Gesichtsfeldverlust. Dieser gehört zu den häufigsten Sehstörungen nach einem Schlaganfall. Es handelt sich nicht um eine Schädigung der Augen, sondern um eine Aufmerksamkeitsstörung. Die Sehnerven können das, was sie sehen, nicht an das Gehirn weiterleiten. Die Umgebung wird nur noch mit einem Auge oder mit einem kleinen Ausschnitt des Gesichtsfeldes wahrgenommen. Dadurch kann es passieren, dass Personen und Gegenstände übersehen werden. Der visuelle Überblick geht verloren und es kommt zu Unsicherheiten und Einschränkungen im Alltag sowie zu Schwierigkeiten beim Lesen.

Hemineglect

Auch ein Hemineglect ist eine Aufmerksamkeitsstörung. Dies bezieht sich aber nicht nur auf das Sehen, sondern auf alle Sinne, d.h. auch auf das Fühlen, Hören, Schmecken und Riechen. Folge eines Schlaganfalls kann eine einseitige Störung, ein sogenannter Hemineglect, sein. Die Organe sind in Ordnung, aber die Betroffenen reagieren nicht auf Reize oder können diese nicht lokalisieren.

Auch in dieser Hinsicht ist das Gehirn fähig, durch gezieltes Trainieren die Einschränkungen zu kompensieren oder die Fähigkeiten wiederzuerlangen.

Wie kann die Regeneration des Nervensystems helfen, nach einem Schlaganfall wieder gehen zu lernen?

Beinlähmung

Auch das Gehen lernen nach einer schlaganfallbedingten Beinlähmung erfordert eine „Reorganisation“ im Gehirn. Das Wiedererlernen oder die Kompensation von Fähigkeiten werden z.B. durch Physiotherapie, Ergotherapie oder Lauftraining in einem Gangroboter gefördert.

Regelmäßiges Training und ständige Wiederholungen sind hierbei unerlässlich – nicht nur für die Muskeln und Gelenke, sondern insbesondere auch für die Neuverknüpfung von Nervenzellen. Therapieübungen stimulieren das Gehirn, um Fähigkeiten zu erlernen oder wiederzuerlangen. Bei der Gangrehabilitation gilt es, durch konsequente Wiederholung von Therapieübungen die Neuvernetzung des Gehirns und dadurch die Verbesserung des Gangs zu trainieren.

Um das Training zu intensivieren, werden Roboter oder Trainingsgeräte unterstützend eingesetzt. Auch passive Übungen durch therapeutische Unterstützung stimulieren das Gehirn und können die Neuroplastizität aktivieren. Das Gehirn wird zum Beispiel trainiert, die zum Gehen erforderlichen Muskeln zu aktivieren.

Fußhebeschwäche

Neben der Beinlähmung gehört auch die Fußheberschwäche zu den häufigen Folgen eines Schlaganfalls. Eine Fußheberschwäche ist eine neurologische Erkrankung, die das Anheben des Fußes beeinträchtigt. Normalerweise sendet das Gehirn die Signale zur Bewegung der Beinnerven. Bei einer Nervenschädigung werden die Impulse des Gehirns nicht richtig weitergegeben.

Um die Symptome der Fußheberschwäche zu mildern, können Fußheberorthesen eingesetzt werden. Diese helfen Schlaganfall-Betroffenen beim Anheben und Abrollen des Fußes. Fußheberorthesen verbessern die Fußhebefunktion und unterstützen den Bewegungsablauf. Sie tragen dazu bei, sich sicherer und flüssiger zu bewegen und Unsicherheiten beim Gehen zu vermeiden.

Behandlung von Schlaganfällen
Was ist ein Schlaganfall